Gallup Engagement Index 2014
Zusammenhang zwischen emotionaler Bindung der Mitarbeiter und Führungsverhalten
Seit 2001 erstellt Gallup jährlich den Engagement Index für Deutschland. Die Studie gibt Auskunft darüber, wie hoch der Grad der emotionalen Bindung von Mitarbeitern und damit das Engagement und die Motivation bei der Arbeit ist. Dabei unterscheidet Gallup drei Gruppen von Arbeitnehmern:
- Mitarbeiter mit hoher emotionaler Bindung an ihren Arbeitgeber: Sie sind mit Herz, Hand und Verstand bei der Arbeit und setzen sich freiwillig für die Ziele ihres Unternehmens ein.
- Mitarbeiter mit geringer emotionaler Bindung: Diese leisten Dienst nach Vorschrift und spulen tagtäglich das Pflichtprogramm ab.
- Mitarbeiter ohne emotionale Bindung: Das sind die Inneren Kündiger – Mitarbeiter, die sich gedanklich bereits aus dem Unternehmen verabschiedet haben und mit ihrem Verhalten mitunter sogar dem Arbeitgeber schaden.
85% der Beschäftigten machen lediglich Dienst nach Vorschrift oder haben bereits innerlich gekündigt
Die Ergebnisse des Engagement Index 2014: Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten (70 Prozent) zählen zu den gering gebundenen Mitarbeitern und machen Dienst nach Vorschrift. Aktuell zählen 15 Prozent der Beschäftigten zu den Mitarbeitern, die bereits innerlich gekündigt haben. Die hohe Zahl von Inneren Kündigern kostet die deutsche Wirtschaft jährlich zwischen 73 und 95 Mrd. Euro.
Der Anteil der emotional hoch gebundenen Arbeitnehmer – die Leistungsträger in den Unternehmen – liegt auf unverändert niedrigem Niveau von 15 Prozent. (1)
Höhere Bindung schafft besseren Service
Gerade für Unternehmen, deren Geschäft auf Beratung, Service und Dienstleistungen basiert, sind emotional gebundene Mitarbeiter immens wichtig. Denn immerhin 70 Prozent aller Beschäftigten haben einen Arbeitsplatz mit direktem Kundenkontakt, davon 90 Prozent
mehrmals pro Woche. Für 72 Prozent dieser Arbeitnehmer mit hoher emotionaler Bindung – aber nur für 37 Prozent der Arbeitnehmer ohne emotionale Bindung – bestimmt die Erfüllung von Kundenwünschen und -bedürfnissen das tägliche Handeln. 51 Prozent der emotional Hochgebundenen finden ein Arbeitsumfeld vor, um gut auf die Kundenwünsche und -bedürfnisse einzugehen. Bei den inneren Kündigern sind es hingegen nur 12 Prozent.
Emotionale Mitarbeiterbindung verbessert aber nicht nur die Bindung zu den aktuellen Kunden, sondern hilft auch, neue Kunden zu gewinnen: 86 Prozent der emotional hoch-gebundenen Arbeitnehmer – aber nur 14 Prozent derjenigen ohne emotionale Bindung –würden die Produkte oder Dienstleistungen ihres Unternehmens Freunden und Familienangehörigen empfehlen. Auch auf das Recruitment neuer Mitarbeiter hat die Mitarbeiterbindung einen Einfluss: 66 Prozent aller Arbeitnehmer mit hoher emotionaler Bindung würden ihrer Familie und Freunden das eigene Unternehmen als hervorragenden Arbeitsplatz empfehlen – Arbeitnehmer ohne emotionale Bindung tun dies nur in vier Prozent der Fälle.(2)
Außerdem betont Marco Nink, Senior Practice Consultant bei Gallup: „Emotionale Mitarbeiterbindung wirkt als eine Art Schutzimpfung gegen Abwanderung und bietet den Unternehmen Sicherheit in ihrer Personal- und Kostenplanung.“ (2)
Zusammenhang zwischen emotionaler Bindung der Mitarbeiter und Führungsverhalten
Viele Studien zeigen, dass die emotionale Mitarbeiterbindung unmittelbar vom Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten beeinflusst wird. Auch wenn auf den ersten Blick der klassische Führungsstil per Anordnung und Ansage von oben nach unten immer mehr ausgedient hat, werden die zentralen Bedürfnisse und grundlegenden Erwartungen der Beschäftigten am Arbeitsplatz nicht erfüllt. Persönliche Wertschätzung, konstruktives Feedback, Lob und Anerkennung für gute Arbeit oder die Einbindung in Entscheidungen stärken die emotionale Bindung des Mitarbeiters. Wird dies konsequent vernachlässigt, sinkt die emotionale Bindung bis hin zur inneren Kündigung.
Da die emotionale Mitarbeiterbindung unmittelbar von dem Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten beeinflusst wird, liegt der diesjährige Fokus auf den Führungskräften.(1)
Das Problem: Selbsteinschätzung von Führungskräften
Die meisten Vorgesetzten halten sich für gute Führungskräfte. Ihre Führung wird jedoch von den Mitarbeitern oft anders wahrgenommen. Hilfreich wären hier Mitarbeiterbefragungen sowie vor allem ehrliche Rückmeldungen, um den Führungskräften einen Spiegel vorzuhalten. Das kann sowohl einen Selbstreflexionsprozess, als auch einen Dialog im Team in Gang setzen. Beides sollte unterstützend begleitet werden.
Folgen von Führungsfehlern für Unternehmen und Mitarbeiter
„Wenn das Führungsverhalten nicht stimmt und die Situation am Arbeitsplatz schlecht ist, leiden letztlich die Mitarbeiter psychisch und physisch darunter“, ergänzt Marco Nink. „Dies kann auch gravierende Auswirkungen auf das private Umfeld haben. Niemand gibt Stress am Werktor oder am Empfang ab, wenn er nach Hause geht, sondern nimmt ihn mit.“
So empfinden Beschäftigte ohne emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber eher das Gefühl ausgebrannt zu sein (60 Prozent, emotional hoch gebundene Mitarbeiter: 21 Prozent) und lassen ihren Arbeitsstress eher an Freunden und Familie aus (41 Prozent, emotional hoch gebundene Mitarbeiter: neun Prozent). Auch haben sie weniger Spaß bei der Arbeit (fünf Prozent, emotional hoch gebundene Mitarbeiter: 83 Prozent).
Ein Viertel der befragten Arbeitnehmer hat schon einmal seine Arbeitsstelle wegen eines Vorgesetzten gekündigt, um das eigene Wohlbefinden zu verbessern. 19 Prozent der Mitarbeiter ohne emotionale Bindung sind aktiv auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz. Weitere 23 Prozent schauen sich um, suchen aber nicht aktiv. Unter den emotional hoch gebundenen Mitarbeitern ist hingegen nur ein Prozent der Mitarbeiter aktiv auf Arbeitsplatzsuche und sechs Prozent schauen sich um. Marco Nink: „Die nicht vorhandene emotionale Bindung von Mitarbeitern ist aufgrund der Fluktuationsneigung gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels für Unternehmen ein Problem. Darüber hinaus weisen emotional nicht gebundene Mitarbeiter im Schnitt fünf Tage mehr Fehlzeiten auf als ihre emotional hoch gebundenen Kollegen. Nink: „Jeder Fehltag kostet ein Unternehmen im Schnitt 252 Euro. Aus dem Mehr an Fehlzeit aufgrund fehlender oder nur geringer emotionaler Mitarbeiterbindung entstehen einem Unternehmen mit 2.000 Mitarbeitern Kosten in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro.“(1)
„Die Zahlen sind erschreckend, denn Unternehmen sollten ein großes Interesse daran haben, dass ihre Mitarbeiter langfristig gesund und damit leistungsfähig sind“, erklärt Marco Nink.
Dazu gehört, dass Arbeitnehmer voll und ganz der Meinung sind, dass ihr Arbeitgeber sich für ihr allgemeines Wohlergehen interessiert.“ Dazu gehören zum Beispiel Programme zur Gesundheitsförderung. Damit die Beschäftigten … diese Angebote jedoch nutzen, sind die Führungskräfte gefragt. „Wir sehen hierbei die Führungskräfte in einer Vorbildfunktion“, so der Gallup-Berater. „Denn erst wenn die Führungskräfte die angebotenen Programme selbst nutzen oder zumindest aktiv fördern, regt dies auch die übrigen Mitarbeitern zur Teilnahme an.“ (2)
„Führung ist ein Hebel für den Erfolg von Unternehmen“, fasst Marco Nink die Ergebnisse zusammen. „Gute Führung steigert die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen – schlechte Führung hingegen ist ein kritischer Kostenfaktor.“ (1) Und dies ist veränderbar. Menschen können lernen, Menschen können sich verändern. Das gilt auch für Führungskräfte. Durch geeignete Unterstützungsmaßnahmen, kann aus schlechtem – die Mitarbeiter und das Unternehmen belastendes – Führungsverhalten, ein gesundheitsorientiertes, emotional bindendes und leistungssteigerndes Führungsverhalten werden.
Gallup Pressemitteilung Berlin, 10.03.2015 (1)
Gallup Pressemitteilung Berlin, 31.03.2014 (2)
Alle kursiv gedruckten Passagen entstammen wortwörtlich aus den Pressemitteilungen von Gallup