Foto: Ian: Poppyland in HD (CC BY-NC 2.0)

Neue Erkenntnisse der Hirnforschung: Potentialentfaltung durch Begeisterung

Wenn wir in einen Zustand größter Begeisterung erleben, dann kommt es dabei im Gehirn zur Aktivierung der emotionalen Zentren. Die dort liegenden Nervenzellen haben lange Fortsätze, die in alle anderen Bereiche des Gehirns ziehen. An den Enden dieser Fortsätze wird ein Cocktail von neuroplastischen Botenstoffen ausgeschüttet. Diese Botenstoffe bringen nachgeschaltete Nervenzellverbände dazu, verstärkt bestimmte Eiweiße herzustellen. Diese werden für das Auswachsen neuer Fortsätze, für die Bildung neuer Kontakte und für die Festigung und Stabilisierung all jener Verknüpfungen gebraucht, die im Hirn zur Lösung eines Problems oder zur Bewältigung einer neuen Herausforderung aktiviert worden sind.

Das ist der Grund, warum wir bei all dem, was wir mit Begeisterung machen, auch so schnell immer besser werden. Jeder kleine Sturm der Begeisterung führt gewissermaßen dazu, dass im Hirn ein selbsterzeugtes Doping abläuft.

Ein Kleinkind erlebt einen solchen Zustand größter Begeisterung zwanzig bis fünfzig Mal am Tag. Leider erleben wir im Laufe unseres Lebens, dass die Begeisterung zunehmend abhandenkommt. Wir werden älter, sammeln Erfahrungen und gestalten unsere Lebenswelt nach unseren Vorstellungen. Wir machen, was getan werden muss. Wir erledigen unseren Job. Wir funktionieren. Der Preis dafür ist hoch: das Hirn rostet ein, wir werden krank und für uns verliert das Leben seinen eigentlichen Reiz.

Die moderne Hirnforschung kennt den Weg hinaus aus diesem Dilemma. Sie hat wissenschaftlich ergründet: Alles, was Menschen hilft, was sie einlädt, ermutigt und inspiriert, eine neue, andere Erfahrung zu machen als bisher, ist gut für das Hirn, gut für den Körper und gut für die Seele. Menschen, die sich noch einmal mit Begeisterung für etwas öffnen, was ihnen bisher verschlossen war, praktizieren dieses wunderbare Selbstdoping für das eigene Gehirn. Dieser Prozess heißt Potentialentfaltung. Das ist gut für den Menschen und für das Unternehmen. Dies kann man allerdings nicht anordnen. Aber man kann eine Atmosphäre erzeugen, in der Mitarbeiter sich eingeladen fühlen, ermutigt werden und sich inspirieren lassen.

Quelle:
Professor für Neurobiologe Gerald Hüther, Begeisterung ist Doping für Geist und Hirn

Von Redaktion · 20. Mai 2015